10. Mai 2013

Lena Klassen - Wild

2013, 380 Seiten
€ (D) 14,90 | € (A) 15,40
ISBN 978-3-931989-79-8

Gezähmte Gefühle.
Eine Welt ohne Krankheit und Kummer.
Kein Leid und keine Leidenschaft.

Einmal wöchentlich bekommt jeder in "Neustadt" seine Glücksinjektion. Trotzdem ist die siebzehnjährige Pi nicht so glücklich wie alle anderen. Stimmt etwas nicht mit ihr? Oder warum darf sie nicht mit Lucky zusammen sein, ihrem besten Freund? Anders zu sein ist gefährlich, denn hinter dem Zaun, der "Neustadt" umgibt, liegt die Wildnis. Dort herrschen noch Krankheit und Gewalt - und dorthin werden alle verbannt, die aus der Reihe tanzen. Dann geschieht etwas Unfassbares: Die Glücksdroge versagt. Und plötzlich steht Pi vor der Entscheidung ihres Lebens: Liebe oder Freiheit?


Eine kurze Reise in die Vergangenheit:
Meine erste Dystopie habe ich 2008 mit "The Hunder Games" gelesen. Vor 5 Jahren also - Wahnsinn! Gleichzeitig war Suzanne Collins Trilogie-Auftakt eine der beeindruckendsten und langanhaltendsten Dystopien, die mir bisher untergekommen sind. Es hat Standards in der YA-Dystopie gesetzt, die damals noch gar nicht so richtig benennbar waren. Ich konnte zumindest noch nicht so richtig auf den Punkt bringen, worauf es mir bei einer Dystopie ankommt, weil ich keine/kaum Erfahrung in diesem Genre hatte.
Seit "The Hunger Games" haben es nur wenige Dystopie geschafft, mich wirklich zu überzeugen. Wenn sie es geschafft haben, dann meistens deshalb, weil sie einen sehr ungewöhnlichen Aspekt mitbringen, toll geschrieben sind und/oder ein ganz neues Thema anschneiden. Unwind, Delirium, "Divergent", Across the Universe und "The Knife of Never Letting Go" stehen jedes für sich aus einem ganz bestimmten Grund auf meiner All-Time-Fav-Dystopie-Liste.

Ihr wisst, wie das läuft: Es wird immer schwieriger, Bücher zu finden, die einen wirklich vom Hocker hauen. Ehrlich gesagt, habe ich gar nicht mehr damit gerechnet, dass ich so schnell wieder das Vergnügen haben würde. Aber siehe da: "Wild" kommt daher, sieht gut aus, ist von Lena Klassen geschrieben, klingt ein bisschen nach "Delirium".
Der entscheidende Faktor war der Name Lena Klassen. Ich weiß nicht, ob ich sonst zum Buch gegriffen hätte, weil der Klappentext so oder ein bisschen anders auf jeder zweiten Jugend-Dystopie steht.

Im Grunde, wenn man das Buch auf einzelne Faktoren runterbricht, macht Lena Klassen nichts Neues. Aber wie bei so vielen Büchern bringt die Umsetzung die Würze, und da hat Frau Klassen kräftig im Gewürzregal gewühlt - und die richtige Mischung gefunden.
"Wild" hat viele Inhalte, die man schon aus anderen Dystopien kennt: Genmanipulation, Drogen, die alle Menschen auf ein Level bringen und gefügig machen, großangelegte Partnerzuweisung, um für die besten Matches zu Sorgen, ein Trennen des sicheren "Inneren" vom wilden "Außen".

Was Lena Klassen so gut kann und was in den meisten dystopischen Jugendromanen (viele vom amerikanischen Markt, aber ich denke hier auch explizit an gewisse deutsche Werke, die mich das Fürchten gelehrt haben) leider zu kurz kommt, sind echte Gefühlsbeschreibungen, die unter die Haut gehen. Pi erwacht aus ihrem Glücksnebel und zum ersten Mal spürt sie, was es heißt, verzweifelt zu sein. Dass nicht nur die Augen weinen, sondern der ganze Körper darin aufgeht. Beim Lesen von Lena Klassens Beschreibung hätte ich am liebsten gleich selber losgeheult, um mit Pi mitzuspüren können.
Die Autorin liefert mit "Wild" nicht bloß Schlag-auf-Schlag-Spannung - das mag ich ja ganz besonders gerne! - sondern geht zudem viel tiefer in die menschliche Seite einer Dystopie. Wenn man beim Lesen plötzlich denkt: "Ja, das sind die Worte! Jetzt weiß ich endlich, wie ich dieses Gefühl beschreiben kann!", dann macht Unterhaltung das, was sie soll: sie inspiriert.

Noch ein Wort zum Ende, das fand ich nämlich ganz toll, weil es endlich mal wieder ein absolut unkitschiges ist. Nicht nur, dass es da kein Liebesgesülze gibt (Hallelujah!), es ist auch sonst nicht alles ala Rosarote Brille. Irgendwie wars sehr ... realistisch, ich kanns gar nicht anders umschreiben, ohne zu viel durchsickerung zu lassen.
Was noch dazu kommt: Das Ende ist rund, es ist abgeschlossen, aber gleichzeitig bleibt auch genug Spielraum für einen zweiten Teil (den, so hab ich mir sagen lassen, es geben wird, wenn die Autorin die Zeit findet - also alle Daumen drücken, die ihr habt!).

Ich könnte weiterschwärmen, aber das Wichtigste habe ich gesagt.
"Wild" braucht sich was Spannung anlangt nicht vor "The Hunger Games" und "Divergent" zu verstecken und hält in Sachen Sprache und Ausdrucksgewandtheit locker mit "Delirium" Schritt. Warum immer die Hand nach den amerikanischen Bestsellerlisten-Reitern ausstrecken wenn das Gute doch so nah liegt?

Wenn das keine 5 Blümchen verdient, dann weiß ich auch nicht.


1. Mai 2013

Cassandra Rose Clarke - The Pirate's Wish

2013, ca 350 Seiten
ca. 7 €
ISBN 9781908844286

"The Pirate's Wish" erscheint am 4. Juni 2013 bei Strange Chemistry

After setting out to break the curse that binds them together, the pirate Ananna and the assassin Naji find themselves stranded on an enchanted island in the north with nothing but a sword, their wits, and the secret to breaking the curse: complete three impossible tasks. With the help of their friend Marjani and a rather unusual ally, Ananna and Naji make their way south again, seeking what seems to be beyond their reach.

Unfortunately, Naji has enemies from the shadowy world known as the Mists, and Ananna must still face the repercussions of going up against the Pirate Confederation. Together, Naji and Ananna must break the curse, escape their enemies — and come to terms with their growing romantic attraction.



Cassandra Rose Clarke lässt mich einfach nicht los. In den letzten 10 Monaten habe ich alle ihre Veröffentlichungen gelesen - das hat angefangen in der Fantasywelt von "The Assassin's Curse", und führte nach dem Science-Fiction Abstecher "The Mad Scientist's Daughter" über die Kurzgeschichte "The Witch's Betrayal" wieder zurück zu Anannas Perspektive in "The Pirate's Wish". Ich kriege einfach nicht genug.

"The Pirate's Wish" fängt da an, wo "The Assassin's Curse" aufgehört hat - das macht auch Sinn, denn im Nachwort schreibt die Autorin, dass das ganze ursprünglich eine Geschichte war, die aufgrund der Länge geteilt wurde. Sonst hätte anscheinend gekürzt werden müssen. Was bin ich froh, dass diese andere Lösung mit den zwei Büchern möglich war!
Ich weiß gar nicht, was ich noch sagen könnte, um euch die Bücher schmackhaft zu machen, was ich nicht schon in meiner Rezension zu "The Assassin's Curse" geschrieben habe. Es gibt nur einen zentralen Punkt, den ich wirklich mal herauskehren möchte, weil man es nicht oft genug sagen kann:

Sowohl Ananna als auch Naji machen in diesem zweiten Buch einen sehr wichtigen Entwicklungsschritt, einen, den ich jedem Menschen nur wünschen kann: Selbstakzeptanz. Und dabei auch die Akzeptanz der Tatsache, dass andere oft mehr in uns sehen als wir selbst - und dass die anderen nicht unbedingt diejenigen sind, die falsch liegen.

Gut, manchmal habe ich mir gewünscht, Naji würde ein bisschen eher preisgeben, was er für Ananna empfindet, aber am Ende ist er einfach wie er ist und wenn man sich vorher die Kurzgeschichte "The Witch's Betrayal" gönnt - die aus Najis Sicht geschrieben ist und zeitlich vor den beiden Romanen angesiedelt ist - lässt sich sein Verhalten etwas besser nachvollziehen. Zum Glück versteht Ananna ihn dann doch gut genug, um den letzten Zweifel aus dem Weg zu räumen und mich hat die Unsicherheit zwischen ihnen nur noch schneller durch das Buch getrieben.

"The Pirate's Wish" ist wie sein Vorgänger ein Buch voller Spannung und Abenteuer. Ananna kämpft mit ihrem Gefühlen und mit ihrer Rolle. Die Piratin in ihr bekommt viel mehr Spielraum und ebenso die Möglichkeiten, die das für ihre Zukunft mit sich bringt. Das Buch hat nicht viele ruhige Sequenzen, aber selbst die waren nie langweilig oder überflüssig.
Kurzum: Ich liebe den zweiten Teil so wie ich den ersten liebe und bei erster Gelgenheit werde ich beide nochmal lesen. Wie ich mich darauf freue!

Bis es soweit ist, erfreue ich mich an der Nachricht, dass ab 2014 eine weitere Duologie aus Clarkes Feder bei Strange Chemistry erscheinen wird. Diese spielt in der selben Welt wie Anannas und Najis Geschichte und wird unter den Titeln "The Wizard's Promise" und "The Nobleman's Revenge" zu lesen sein. Haha, Freude! :D





A great thanks to NetGalley and Strange Chemistry for the chance to read and review the ARC!