€ (D) 19,99 | € (A) 20,60
ISBN 978-3431038286
Willow, ihr lang ersehntes Kind, ist perfekt. Das ist das Erste, was Charlotte O'Keefe hört, als sie ihr Baby auf dem Ultraschallbild sieht. Ja, es ist perfekt. Daran ändert auch Willows Krankheit nichts. Charlotte liebt ihr Kind abgöttisch und will nur eins: es beschützen. Denn Willow braucht allen Schutz der Welt. Beim kleinsten Stoß brechen ihre Knochen. Jedoch auch ihr Herz kann brechen. Genau das scheint Charlotte zu vergessen, als sie vor Gericht das Geld für die richtige Behandlung erkämpfen will. Sie verklagt ihre Frauenärztin. Die Krankheit hätte schon zu Beginn der Schwangerschaft erkannt - und die Eltern gewarnt werden können. Charlotte muss jedoch behaupten, ihr geliebtes Kind sei besser nie geboren worden ...Erschütternd, tief bewegend und sensibel führt dieser Roman mitten ins Herz einer Familie, die durch die Kraft einer bedingungslosen Liebe verbunden ist.
Es gibt kaum eine Autorin, die mich mit absolut jedem ihrer Bücher vor innerliche Konflikte stellt. Meistens schafft es Jodi Picoult darüber hinaus noch, mich richtiggehend zu schocken. Mit der Realität.
Familien mit behinderten Kindern gibt es überall. Ich muss zugeben, dass ich selbst fast keine Erfahrungen mit Behinderungen - ob körperlich oder geistig - habe, trotzdem weiß man doch irgendwie immer, dass es richtig, richtig schwer sein muss, damit umzugehen. Jodi Picoults Bücher sind deshalb so besonders, weil sie im Grunde bekannte Dinge, die die meiste Zeit über im Unterbewusstsein ihrer Leser vor sich hin schlafen, an die Oberfläche holt und von allen Seiten beleuchtet. Sie macht den Lesern die Realität einer Familie wie der von Charlotte O'Keefe bewusst.
"Zerbrechlich" erzählt von Willow, einem fünf-jährigen Mädchen, das an Osteogenesis imperfecta, gemeinhin bekannt als Glasknochenkrankheit, leidet. Ihre Mutter Charlotte muss tagtäglich an ihrer Seite sein, und wenn sie es einmal nicht ist, so wartet sie neben dem Telefon auf Anrufe, falls sich ihre Tochter wieder einmal etwas gebrochen hat.
Die Kosten, die sich durch Willows Krankheit ergeben, werden von der Versicherung größtenteils nicht gedeckt und auch Sean O'Keefes Überstunden reichen kaum aus, um die Kreditkartenrechnungen und die Hypothek zu bezahlen.
Als sich für Charlotte die Möglichkeit ergibt, ihre Frauenärztin - und beste Freundin - Piper wegen "ungewollter Geburt" zu verklagen, greift sie nach diesem Strohhalm. Auch wenn sie dafür all ihre Mitmenschen verletzt.
Der Roman wird aus mehreren Erzählperspektiven angegangen, wobei neben Charlotte ihr Mann Sean, ihre 13-jährige Tochter Amelia, Piper und Marin Gates, Charlottes Anwältin, zu Wort kommen. Sie alle richten sich mit der persönlichen Anrede "du" an Willow bzw. den Leser und erzählen von ihren jeweiligen Beweggründen und Eindrücken.
"Sie lächeln mich an, weil sie freundliche sein oder tolerant erscheinen wollen; aber sie denken die ganze Zeit über: Gott sei Dank. Gott sei Dank hat es sie erwischt und nicht mich."
- Charlotte. Seite 56
Neben den juristischen Aspekten zeigt Jodi Picoult die Besonderheit Willows auf, ihren unersättlichen Drang, Informationen aufzusaugen wie ein Schwamm, ihre Klugheit. Willow ist es, die die Familie O'Keefe im Inneren zusammenhält, besonders als Charlottes Klage die Wände einzureißen beginnt.
Charlotte entscheidet sich zu dieser Klage, um ihrer Tochter ein besseres Leben ermöglichen zu können. Ihr Mann Sean ist jedoch von Anfang an dagegen und über die Monate führt dies zum Bruch in der Familie. Zudem entwickelt Amelia, die sich völlig vernachlässigt und übergangen fühlt, unbemerkt von ihren Eltern eine Essstörung. Sie alle verbindet nur noch Willow, um die sich alle gleichermaßen sorgen.
Zu dieser Haupthandlung gesellt sich über den Charakter Marin Gates noch deren Suche nach ihrer biologischen Mutter. Jodi Picoult nutzt diesen Handlungsstrang um die moralischen Fragestellungen des Buches noch zu verstärken.
Als Leser kann man fast nicht anders, als sich Gedanken darüber zu machen, ob manche Kinder wirklicher besser nicht geboren werden sollten, weil das Leben nur Schmerz für sie bereithalten würde. Kann man das vor der Geburt eines Kindes, allein anhand der Untersuchungsergebnisse (die noch nicht einmal 100-%ig sicher sind), entscheiden? Und wer um alles in der Welt darf überhaupt eine solche Entscheidung fällen? Wie kann man wissen, ob dieses Kind nicht vielleicht die größte Bereicherung für das eigene Leben ist?
Ich kann mir nur annähernd vorstellen, was eine Mutter in einer solchen Situation durchmachen muss. Jodi Picoult ermöglicht es ihren Lesern aber wieder einmal in bisher unbekannte (oder auch nicht) Situationen einzutauchen und sich auf sehr realistische Weise damit auseinanderzusetzen.
Im Großen und Ganzen hat "Zerbrechlich" eigentlich nur einen Makel und das ist das Ende. Ohne zu spoilern möchte ich einfach nur loswerden, dass es einer Jodi Picoult nicht würdig ist! Ich hätte wirklich schreien können.
Bewertung
4 von 5 Blümchen. "Zerbrechlich" ist wahrscheinlich nicht das beste Buch von Jodi Picoult - diesen Titel teilen sich in meinen Augen "19 Minuten" und "Bis ans Ende aller Tage" - und das Ende ist, naja, grässlich. Absolut empfehlenswert aber für Fans von Picoult und Leser, die das Thema interessiert.
Für das Rezensionsexemplar bedanke ich mich herzlichst bei Bastei Lübbe!
9 Kommentare:
Guten Morgen Stefanie
Das Buch klingt wirklich super. Ich hab das auch schon auf meiner Wunschliste und hoffe es bald mal zu bekommen. Wie die anderen 856 Bücher auch die da drauf stehen *lach* Ich kenn bis jetzt nur ein Buch von ihr, und zwar ist das "Beim Leben meiner Schweter" Einfach ein geniales Buch und wenn all ihre Bücher in dem Stiel geschrieben sind, dann kann auch dieses nur gut sein.
Danke dir für deine Rezi, jetzt bin ich noch ungeduldiger als vorher ;)
Liebe Grüsse und schönen Sonntag
Alexandra
Huhu!
Klingt nach einem Buch mit Taschentuchfaktor. Hab ja bisher noch nix von der Autorin gelesen, aber das ein oder andere Buch von ihr steht schon auf meiner Wunschliste. ^^
Schönen Sonntag noch.
LG
Mandy
@Alexandra: Sehr beeindruckender Wunschzettel :D
Bei "Beim Leben meiner Schwester" bin ich erst bis Seite 100 gekommen. Muss ich auch mal fertig lesen xD
@Mandy: Sehr empfehlen kann ich "19 Minuten". Hat mir bisher, neben "Bis zum Ende aller Tage" am besten gefallen!
Euch beiden auch einen schönen Sonntag :)
Wow, da hat sie ja wirklich ALLES reingepackt in den Plot, aber klingt auf jeden Fall äußerst interessant. Wahrscheinlich würde ich aber eher auf eine Verfilmung als auf das Buch zurückgreifen ;D
Würdest das Ende für mich spoilern? Ich bin neugierig :)
Wenn du gespoilert werden willst schick ich dir gern eine Mail ;D
Von Jodi Picoult hab ich schon einiges gelesen, weil ich "Bis ans Ende aller Tage" so genial fand. Aber danach hat mich keiner ihrer Romane so richtig gepackt, auch wenn ich "Beim Leben meiner Schwester" ziemlich gut fand.
Dieser Roman klingt ein bisschen ähnlich und ziemlich interessant. Mal sehen, ob ich ihn in der Bücherei auftreibe. Nur das mit dem Ende klingt etwas beunruhigend - ich hoffe, das versaut einem nicht den ganzen Roman? Sowas hatte ich schon ab und zu mal bei Büchern, und dann bereue ich es manchmal, es überhaupt gelesen zu haben. :-/
Den ganzen Roman versaut einem das Ende nicht, es hat mich nur sehr vor den Kopf gestoßen. So in der Art wie es auch einige offene Enden tun. :)
Da kommt mir doch das Ende von "Beim Leben meiner Schwester" in den Sinn, der war ja auch ganz anders als erwartet und hat auch mich etwas geschockt. Aber eben das mus den Roman ja nicht kaputt machen, es ist einfah ein anderes Ende als das man sich selber wünscht oder man gemeint hat das es so kommt. Eigentlich find ich das eben noch spannend.
Danke, dass du mir Jodi Picoult wieder ins Gedächtnis gerufen hast! Ich habe von ihr bereits "19 Minuten" und "Die Wahrheit der letzten Stunde" gelesen. Beide haben mir sehr gut gefallen.
Seit längerem suche ich mal wieder nach einem Buch, das genau solch moralische Konflikte behandelt, aber an diese Autorin habe ich schon gar nicht mehr gedacht.
Deine Rezension hat mir Lust auf das Buch gemacht und ich werde es gleich mal mit auf meinen Weihnachtswunschzettel setzen.
Und was den Umgang mit Behinderten angeht: Meine Mutter arbeitet als Personenbeförderin von körperlich und geistig benachteiligten Menschen und auch ich habe mal für ein paar Wochen in einer Teestube eines Behinderten-Wohnheims gearbeitet. Es ist wirklich sehr schwer, mit solchen Menschen richtig und normal umzugehen. Es ist aber auch sehr schön zu sehen, dass sie für das Leben, das sie führen, dankbar sind.
Meine Mutter wird immer sehr sentimental, wenn sie von ihren Mitfahrern spricht, obwohl sie sonst nicht gerade nahe am Wasser gebaut ist. Diese Menschen sind unendlich dankbar dafür, dass sie jeden Tag kommt, um sie zur Arbeit oder in die Schule zu fahren. Sie denken immer wieder an sie - ob es nun an Weihnachten oder einfach so zwischendurch ist, obwohl sie sie wirklich "nur" fährt. Für unserein ist es halt "irgendso ein Busfahrer".
Währrend meiner Tage in der Teestube habe ich öfter mit einem vierjährigen Mädchen gespielt. Sie hat beide Arme und Beine bei einem Autounfall verloren und war trotzdem immer am Lachen. Leider hat sie mich auch jeden Tag gefragt, ob ihre Eltern sie besuchen kommen. Aufgrund solcher Moment könnte ich so einen Job nicht machen. Ich bin jedenfalls sehr froh darüber, keine Erfahrungen damit in meinem privaten Umfeld zu haben. Was das für einen bedeuten muss, möchte ich nicht wissen.
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