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2012, Gebunden mit Schutzumschlag, 380 Seiten
€ (D) 17,99 | € (A) 18,50
ISBN 978-3453268340
Christoph ist sechzehn, als er stirbt - er prallt nachts mit seinem Farrad gegen ein entgegenkommendes Auto. Alles, was von ihm bleibt, ist eine Urne Asche. Doch vier seiner Freunde können einfach nicht akzeptieren, dass mit der Beisetzung alles zu Ende ist, und beschließen, Christophs letzten Wunsch zu erfüllen und seine Asche im Meer zu verstreuen. Sie graben die Urne aus, verteilen die Asche auf vier Beutel und brechen Richtung Atlantikküste auf. Ein großes Abenteuer beginnt.
Der Klappentext liest sich wie etwas, das wir vielleicht schon kennen. Das Grundthema ist auch nicht unbedingt ein unbeschriebenes Blatt. Aber ... ja, großes Aber sogar: Was Boris Koch mit seinem Roman aus "Jugendlicher stirbt - Zurückbleibende kommen nicht damit klar - müssen einen letzten Wunsch erfüllen" herausholt, hat mich sehr beeindruckt.
Vor allen Dingen die klare Vorstellung, die der Leser schon mit den ersten Sätzen von Jan erhält. Aggression, teilweise unterdrückt, dann wieder unkontrolliert. Verwirrung. Angst. Die Ich-Perspektive erlaubt einen unverschmierten Einblick in Jans Kopf, der nach dem Tod seines besten Freundes auf so ziemlich alles und jeden stinksauer ist. Ihm wird alles zu viel, bis ein nächtlicher Zufall (Lena würde es Schicksal nennen) ihn mit drei anderen zusammenbringt, von denen jeder seinen eigenen Part in Christophs Leben gespielt hat.
Was hier beginnt, ist ein literarischer Roadtrip, wie ich ihn liebe. Voller Tragikkomik und Spannung. Bei mir jedenfalls hat das Buch eingeschlagen und ein wesentlicher Teil dieses Erfolgs waren die vier Jugendlichen, mit denen ich von Bayern bis an die Atlantikküste gereist bin:
Neben Jan sind das Selina - Christophs Freundin, in die sich Jan leicht hätte verlieben können, wenn ihm Christoph nicht zuvor gekommen wäre -, Maik - der Christoph das Fahrrad geliehen hat, mit dem er verunglückt ist, und der sich deswegen das Leben nehmen will - und Lena - von der eigentlich niemand so wirklich etwas weiß, die aber etwas ganz Wesentliches von Christoph weiß, das er niemandem sonst erzählt hat.
Fertig ist das Quartett, dass sich an Christophs Geburtstag am Friedhof trifft und von dort gemeinsam ausbricht. Auf einem Motorrad und einem Roller. Mit vier Plastikbeuteln Asche im Gepäck.
Was diesen Roman für mich so besonders gemacht hat, waren die kleinen Details. Es gibt ein großes Thema, das über der gesamten Reise steht, aber so viele kleine Dinge, die das Rast machen und Zuhören interessant machen. Es gab Momente, in denen ich über jeden der vier Jugendlichen gestaunt habe. Obwohl sie von völlig unterschiedlichen Standpunkten in das Abenteuer gestartet sind, am Ende hatten sie nicht nur Freundschaft gewonnen, sondern vor allem Verständnis.
Boris Koch hat diese Entwicklung sehr anschaulich und vor allen Dingen nah beschrieben. Der Leser ist an vorderster Front mit dabei, erlebt Tiefen und Höhen. Und dabei scheint sich der Autor beim Erzählen der Geschichte noch nicht mal sonderlich abgemüht zu haben. Der Text liest sich genauso frei wie man sich mit einem Roller auf der Landstraße fühlt.
Schlussendlich kommt es für mich auf einen Nenner zusammen: Trotz des Themas hatte ich unglaublich viel Spaß beim Lesen und das lässt mich völlig vergessen, dass ich die Geschichte in der einen oder anderen Form vielleicht schon gelesen habe. Boris Koch hat das Rad nicht neu erfunden (wer tut das schon), aber darauf kommt es nicht an. "Vier Beutel Asche" ist beste Unterhaltung.