Klappentext
Es geschehen seltsame Ding ein London. Als die junge Emily eines Nachts Besuch von einer sprechenden Ratte erhält, ahnt sie, dass nichts mehr in ihrem Leben so sein wird, wie es einmal war. In begleitung der Ratte - sowie eines Elfen namens Maurice Micklewhite und des mürrischen Alchemisten Wittgenstein - entdeckt Emily eine phantastische Stadt unter den Straßen Londons: die Uralte Metropole. Ein dunkles, gefährliches Reich, in dem gefallene Engel hausen und antike Gottheiten über das Schicksal der Menschen walten ...
Inhalt und Meinung
Emily Laing ist in einem Waisenhaus aufgewachsen, in dem sie nur eine einzige Freundin hat, Aurora Fitzrovia nämlich. Die beiden Mädchen verbindet das Schicksal von Außenseiters. Denn währen Aurora von den anderen Kindern als "Schokoladenmädchen" bezeichnet wird, hat Emily nur noch ein Auge und trägt in der leeren Höhle des anderen ein Glasauge.
Doch eines Tages passiert Emily etwas seltsames. Eine adlige Ratte spricht sie an. Noch in der folgenden Nacht überschlagen sich die Ereignisse, in Folge derer Emily aus dem Waisenhaus flieht und sich in der Obhut des Kräutertee trinkenden Alchemisten Wittgenstein wiederfindet. Er ist es, der Emily ihre seltsame Herkunft offenbart und ihr erklärt, dass sie eine Trickster ist.
Wittgenstein führt Emily in die Stadt unter der Stadt, in die Uralte Metropole, wo sie erstaunlichen und gefährlichen Dingen begegnet. Gefallenen Engeln, entführten Kindern, antiken Gottheiten, mordenden Untieren.
Denn in London verschwinden Kinder. Und der Alchemist Wittgenstein und sein Freund, der Elf Maurice Micklewhite, glauben, dass Emily helfen kann, sie zu finden.
Meinung
"Die Welt ist gierig, und manchmal verschlingt sie kleine Kinder mit Haut und Haaren." - Wie sollte man Lycidas nicht lesen wollen, wenn man erst einmal diesen ersten Satz gelesen hat?
Und Christoph Marzi fackelt wirklich nicht lange, steigt direkt in die Handlung ein. So mag ich das!
Marzi sprüht vor Ideen. Viele von ihnen scheint er sich aus Sagen und Legenden zusammengebaut zu haben, aber wie er das alles zu einem logischen Ganzen verknüpft hat ist einfach beeindruckend!
Zudem springt Marzi immerzu im Geschehen hin und her, unterbricht Gespräche oder gibt sie nur teilweise wieder. Die Unterhaltungen in Lycidas, die Vorkommnisse generell, werden erst nach und nach konstruiert. Und dabei kommt Marzi nie durcheinander (und der Leser auch nicht, eine ganz schöne Leistung). Es kam mir so vor, dass Marzi einfach ganz genau weiß, was der Leser wann gerne wissen möchte, und was er ihm wann vorsetzen muss, um es am spannendsten zu machen.
Das Resultat dieses Story-Aufbaus ist, dass man nie weiß, was einen auf der nächsten Seite erwartet. Es mag Leute geben, die das Vorgreifen und nachträglich Erzählen als störend empfinden, aber ich fand es wirklich toll! Ist mir so noch nie zuvor untergekommen und ich hoffe, dass es bei Lilith und Lumen auch so wunderbar zu lesen sein wird.
Christoph Marzis Stil und Sprachgefühl muss ich wahrscheinlich nicht mehr groß hervorheben. Ich denke, inzwischen sollte allgemein bekannt sein, dass er ein wahrer Meister auf diesem Gebiet ist. Auf den Seiten von Lycidas wimmelt es geradezu von Zitaten, die es wert sind, extra hervorgehoben zu werden. Ein kleines Beispiel will ich hier auch anführen, weil es mir persönlich sehr zugesprochen hat und ich es mir bestimmt für die ein oder andere triumpfierende Antwort auf bücherskeptische Aussagen merken werde:
Allein zu sein ist nicht schlecht, wenn man in der Gesellschaft von Büchern ist. - S. 340
Außerdem ist mir aufgefallen, dass Marzi selbst sogar zwei oder drei Mal Goethes Faust zitiert:
Lucifer ist sozusagen ein Teil von jener alten Kraft, die stets das Böse will und doch das Gute schafft. - S. 423
Mehr hab ich jetzt auch nicht mehr zu sagen, glaub ich. Ein einzigariges Buch, das besonders etwas für Bücherwürmer ist, und da vor allem für solche, die gerne schön ausgefeilte Sätze lesen.
Bewertung
4 Kommentare:
Ich freue mich, dass du nun auch dem Marzi Fieber verfallen bist. Lycidas und seine Nachfolger sind auf ihre Art wirklich einzigartig.
Hach ja der Schreibstil, ich könnte immer wieder erwähnen wie toll der ist. Normalerweise schreibe ich mir schöne Sätze immer raus, aber bei Lycidas hab ich sie bloß angekreuzt, weil es einfach viel zu viele waren, um sie alle aufzuschreiben:D
Hach Lycidas <3 Oder überhaupt Christoph Marzi, sooo toll, sooo genial! Hach...*schwärm*
Seit diesem Buch habe ich alle Marzi-Bücher verschlungen. Wenn mich jemand fragt, was ich an den Büchern so toll finde, stocke ich, schnappe nach Luft und sage: Fragen Sie nicht! *lach*
Hinreißend, ich liebe seine Figuren ;)
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