8. Dezember 2011

Rebecca Gablé - Der König der purpurnen Stadt

2004, Taschenbuch, 960 Seiten
€ (D) 9,99 | € (A) 10,30
ISBN 978-3404152186

London im Jahr 1330: Der achtzehnjährige Jonah hat kein leichtes Leben als Lehrjunge im Haushalt seines Cousins. Einzig seine Großmutter schenkt ihrem verwaisten Enkel ein wenig Zuneigung. Doch eine Begegnung mit König Edward und Königin Philippa lenkt Jonahs Schicksal in neue Bahnen. Er findet Aufnahme in der elitären Londoner Tuchhändlergilde, und gemeinsam mit Königin Philippa revolutioniert er die englische Tuchproduktion. Aber je größer sein Erfolg, desto heimtückischer werden die Intrigen seiner Neider.


Was ich denke ...
Ich habe mich viele Jahre dagegen gesträubt, einen Roman von Rebecca Gablé in die Hand zu nehmen - nicht, weil mir die Themen nicht zugesagt hätten, sondern schlicht weil keines der Bücher unter 900 Seiten hat (korrigiert mich, wenn ich mich irre). Mich schreckt das ehrlich ab. Falls es euch auch so geht, hoffe ich, mit dieser Rezension einige Dicke-Wälzer-Befürchtungen zerstreuen zu können. Jawohl, das hier wird ein reiner Überzeugungs-Aufsatz. ;)

Zum ersten ein Punkt, der bei jedem Buch - ob dick oder dünn - nicht gerade unerheblich ist: Wie geht es dem Leser beim Einstieg in die Geschichte? Zu "Der König der purpurnen Stadt" ist dabei zu sagen, dass ich überraschend schnell in der Handlung drin war. Bei einem Buch von 960 Seiten hatte ich mir da deutlich mehr Schwierigkeiten bzw. langatmige Eingangserklärungen erwartet. Bei Gablé jedoch Fehlanzeige. Das liegt vor allem daran, dass sie es sehr gut versteht, eine Bindung zwischen Charakteren und Leser zu schaffen. Es gibt keine ausschweifenden Schilderungen, stattdessen erfolgt der Einstieg in die Szenen direkt, auf direkte Reden muss man nie lange warten, und Orientierung ist trotzdem immer gegeben.

Als nächstes fällt auf, dass Gablé lieber kurze, dafür sehr prägnante Episoden aus dem Leben ihrer Protagonisten erzählt anstatt jeden Tag von Morgens bis Abends komplett aufzurollen. Das resultiert in vielen Zeitsprüngen und keinem einzigen überflüssigen Kapitel. Die Autorin traut sich, Dinge einfach im "off" geschehen zu lassen und dann nur die wichtigen Dingen in wenigen Sätzen zusammenzufassen - als Einstieg in die veränderte Situationslage nach einem Zeitsprung von oftmals mehreren Monaten oder gar Jahren.
Wirklich, das liest sich genial! Ich hatte nie das Gefühl, mich mit Nebensächlichkeiten aufhalten zu müssen. Die Handlung wird stets vorangetrieben, man verliert nie den Überblick und irgendwann kann man gar nicht mehr aufhören, weil man einfach immer tiefer in diese Geschichte eintauchen will. Besser kann ein historischer Roman gar nicht sein!

Ein kurzes Wort zur Sprache bevor ich mich dem Kernelement des Buches widme.
Gablé ist eine herausragend gute Erzählerin. Sie versteht es, veraltete Begriffe so zu verwenden, dass sie weder kitschig noch gestelzt klingen. Ihre Texte sind darüber hinaus äußerst flüssig, Hacker oder Fehler sucht man vergebens. Nicht zuletzt deshalb war ich völlig gefangen von "Der König der purpurnen Stadt".

Nun aber, ganz wichtig, die Charaktere. Die sind nicht nur erwähnenswert, sondern schlicht großartig: Selten habe ich fiktive Personen für so realistisch und glaubhaft gehalten. Gerade der Protagonist Jonah Durham, dessen Leben wir in "Der König der purpurnen Stadt" verfolgen, und sein engster Kreis standen mir bildhaft vor Augen.
Mit Jonah (aber auch mit den meisten anderen) hat Gablé eine wahrhaftige Komplexität geschaffen - ein Mensch mit seinen guten, aber auch mit seinen schlechten Seiten. Wirklich, es gab Momente da mochte ich Jonah nicht, da war er mir zu berechnend, zu kaufmännisch. Aber gerade das ist sehr viel realistischer als ein herzensguter Narr an der selben Position. Vermutlich beweist der Umstand, dass ich trotzdem immer an Jonah hing - trotz seiner Fehlern und Rücksichtslosigkeiten - was für eine gute Autorin Rebecca Gablé ist.
Es mag klischeehaft klingen, aber sie hat ihren Figuren - ob historisch oder fiktiv - Leben eingehaucht. Man glaubt manchmal gar, eine Chronik tatsächlicher Ereignisse zu lesen. Mit dem bedeutenden Pluspunkt, dass sich dieser Galbé-Roman sher viel spannender liest als jede Chronik.


Bewertung
Ich kann diesem Buch gar nichts anderes als 5 Blümchen geben. Nicht nur hat mich Jonahs Geschichte völlig in ihren Bann gezogen, sodass die beinahe 1000 Seiten geradezu an mir vorbeigeflogen sind, auch das historische Setting, die politischen Wirrungen, die Intrigen ... all das beschreibt Rebecca Gablé mit solcher Unkompliziertheit und Farbenpracht. Es fühlt sich tatsächlich an, als hätte ich eine kleine Zeitreise unternommen.
Mit anderen Worten: Ich bin begeistert und werde mich so bald wie möglich auf den nächsten Roman aus Gablés Feder stürzen. Kann euch nur empfehlen, das selbe zu tun. ;)





Zum Schluss noch ein Dankeswort: Liebe Karo, ich kann dir gar nicht genug danken, dass du mich dieser Autorin näher gebracht hast! Ohne dich hätte ich es womöglich nie gewagt, eine dieser Schwarten in die Hand zu nehmen und das wäre - mit wenigen Worten - einfach nur schade gewesen. Danke! :)

11 Kommentare:

Karo hat gesagt…

WAAAAAAAAAH!!! Hörst Du mich jubeln und schreien??? :DDD Ich freu mich sooooo soooooo sooooo, dass es dir gefallen hat. Deine Rezi ist toll, besser hätt ichs auch nicht sagen können, daher kann ich nur sagen: Daumen hoch und ich freu mich auf die nächsten Rezis zu Gablé!!! ♥

Neyasha hat gesagt…

Ich hab schon ein paar Romane von Gablé gelesen, aber es werden bei mir sicher keine mehr dazukommen, da ich finde, dass ihre Strukturen und Figuren immer gleich sind und ich ihre oberfiesen Bösewichte nicht so mag. Bei einem Roman konnte ich schon auf Seite 300 die halbe Handlung vorhersagen, das fand ich ziemlich zäh.
Die ersten, die ich von ihr gelesen habe, mochte ich aber noch. Ich meine mich allerdings zu erinnern, dass "Der König der purpurnen Stadt" für mich schon damals zu den schwächeren gehörte.
Schön, dass er dir besser gefallen hat! Mein Liebling von ihren Romanen ist übrigens "Das zweite Königreich". :-)

Anika hat gesagt…

*g* Karo hat wieder jemanden bekehrt ;) Ich mochte "Der König der purpurnen Stadt" auch, obwohl ich ebenfalls denke, dass es noch bessere Bücher von ihr gibt. Du hast also noch einiges zu entdecken. Ich wünsche Dir ganz viel Spaß beim Lesen! :)

Nanni hat gesagt…

Also mein Liebling ist ja "Das Lächeln der Fortuna", das ich vor 8 oder 9 Jahren gelesen habe. Ich seh mich noch genau mit diesem grünen Wälzer in Mamas Sessel sitzen und das Buch verschlingen. Seitdem bin auch ich Rebecca Gablé einfach verfallen. Allerdings muss ich sagen, dass mir "Der König der purpurnen Stadt" und "Das zweite Königreich" nicht so gut gefallen hat wie die Waringham Reihe.

StefanieEmmy hat gesagt…

@Karo: Jaaa, ich hös bis hier her :DDD

@Neyasha: Die immer gleichen Strukturen kann ich noch nicht beurteilen. Aber bald ;)
Die oberfiesen Bösewichte, naja, der Typ hier (bzw. die zwei Typen, Jonahs Cousin ist ja auch kein feiner Kerl) war schon sehr fies aber negativ aufgefallen wäre mir das nicht. Am Anfang dachte ich bei irgendeiner Gelegenheit mal: "Och nein, nicht schon wieder so eine Sch***!", aber Jonah hat sich brav weiterentwickelt und dazugelernt. Der wusste dann eigentlich sehr genau, wie er die anderen in Schach hält. Von daher wars für mich stimmig.
"Das zweite Königreich" steht definitiv auch noch an! Das spielt ein paar Jahrhunderte früher oder?

@Anika: Du hättest sehen sollen wie zielstrebig sie bei Dussmann das Regal der historischen Romane anvisiert hat ;D Ich war extrem froh um Karos Beratung, hätte mich bei den vielen Romanen nie für einen ersten entscheiden können xD

@Nanni: Sehr gut, "das Lächeln der Fortuna" ist als nächstes dran :D Meine Oma hat mitbekommen, wie ich "Der König der purpurnen Stadt" verschlungen habe, da ist sie gleich losgezogen und hat ein paar Bücher für Weihnachten besorgt (weil ich sie mir doch nicht selber kaufen darf) xD

Anika hat gesagt…

Stefanie: Ich kann es mir lebhaft vorstellen! :D Ich wurde Opfer monatelanger Dauerbeschallung durch "Gablé!!!-Rufe" ;)) Nein, Karo ist eben Gablé-Jünger und das Buchevent mit ihr war auch toll :) Ihre Begeisterung ist einfach ansteckend :) Ich hatte "Das Lächeln der Fortuna" schon ganz lange im Regal stehen, aber ohne ihre Anfeuerungsrufe hätte ich es wohl nie gelesen ^^
Wie gesagt: Noch ganz, ganz viel Spaß mit den anderen Büchern!

Das Lächeln der Fortuna ist wirklich sehr toll, wie alle Waringham-Bücher! Und dass Nanni das als Pferde-Fan mag war sowieso klar ;)

Nanni hat gesagt…

Gute Oma ;)

Ani: Natürlich. Robin of Waringham hätte ich SOFORT geheiratet und mit ihm ein großes Gestüt aufgemacht mit den schönsten, schnellsten und edelsten Pferden, die die Welt jemals gesehen hat ;)

StefanieEmmy hat gesagt…

Ihr macht es mir grade sehr schwer, noch zwei Wochen auf das Buch zu warten ;)

Karo hat gesagt…

Gut, dass die anderen mich so unterstützen. :)

Ja, Robin würde ich auch sofort und auf der Stelle heiraten!!! ♥ Fortuna ist schon wirklich toll, aber ich mag eben auch sehr gern die "Einzelbände" von ihr. "Das zweite Königreich" ist auch grandios, Caedmon auch wieder ein großartiger Charakter, so dass man manchmal gar nicht weiß, von wem man zuerst schwärmen soll. Hach...

@Ani: Es ist ja auch wirklich ein Frevel diese Bücher im Regal versauern zu lassen. Gut, dass ich rechtzeitig gekommen bin, um Dich eines besseren zu belehren. ;)

Nanni hat gesagt…

Karo: Du bist verheiratet!! Wenn einer Robin heiratet dann ich!! ;)

Anika hat gesagt…

Ja, ich hätte ihn auch geheiratet! *schmacht* ^^ Ich glaube den fanden wir auch wirklich alle toll oder?

Karo: Ja, gut, dass Du zur Rettung geeilt bist und es aus meinem SuB befreit hast! Es wird Dir ewig dankbar sein :D

Nanni: Okay. Und wir hätten dann welche zum Freundschaftspreis bekommen ;)

Stefanie: Zwei Wochen warten wird sicher hart ;)