20. Juli 2012

Daisy Whitney - The Mockingbirds

2012, Taschenbuch, 332 Seiten (Originalausgabe 2010 erschienen)
ca. € 9
ISBN 9780316090544

From the glossy pages of its admissions brochure, the prestigious Themis Academy appears perfect in every way: exceptional academics, extraordinary students, the kind of extracurriculars to make an Ivy League proud, and zero instrances of student misbehaviour. But this borading school isn't as Pristine as it appears. There's a dark underbelly to the perfect record the Themis administration flaunts. Student infractions are rampant, and it's up to a secret vigilante society, the Mockingbirds, to maintain order on campus - a responsibility their members take very seriously.
Alex Patrick never thought she would need the Mockingbirds. But when she's date-raped by another student, she doesn't know where else to go. As much as she's like to forget what happened, she can't escape the daily reminders of what went wrong that terrible night. Before she can summon the courage to take a stand, she'll have to accept that her battle for justice is no hers alone. Standing up for someone, especially yourself, is worth the fight.


Es gibt sie doch: Jugendbücher, die offen, ehrlich, realistisch (wenn auch in diesem Fall eine nicht gar so schöne Realität) und - ganz einfach - ohne Maulklappe mit Sex umgehen. Und dann habe ich das Buch auch noch zufällig in der Buchhandlung entdeckt. Es lies sich nicht vermeiden, das Buch mitzunehmen.

"The Mockingbirds" spielt auf einem Internat - der Themis Academy - das besonders intelligente und engagierte Schüler ausbildet. Jeder Schüler hat so sein kleines Spezialgebiet, die Protagonistin Alex zum Beispiel ist eine talentierte Pianistin. Normalerweise bin ich bei Internatsgeschichten immer skeptisch und auch bei "The Mockingbirds" hat mich das eher abgeschreckt - aber das Wort "date-rape" hat mich geködert.
Über dieses Wort muss ich mich auch gleich ein wenig auslassen. Einfach weil ich es nicht mag. "Date-rape" wird erstens in den USA ein wenig anders verstanden als in Australien oder UK, in deutschen Sprachraum in der Begriff ohnehin sehr schwammig. Darüber hinaus hat das Wort "date-rape" für mich etwas ... Verniedlichendes an sich, was ich einfach nicht okay finde - Vergewaltigung bleibt Vergewaltigung. Aber gut, die für mich beste Erklärung hat schließlich das gute alte Wikipedia geliefert (ich mag diese Erklärung deswegen weil auch in "The Mockingbirds" immer wieder der Umstand von "das Fehlens eines Neins ist kein Ja" betont wird):

Date Rape ist nicht einvernehmlicher Geschlechtsverkehr, bei dem weder eine ausdrückliche Verweigerung noch eine Gewaltanwendung stattfindet. Der Tatbestand ist dabei lediglich in der nicht eindeutigen Einvernahme beider Geschlechtspartner zu finden („Ich habe nicht ja gesagt, ich habe aber auch nicht nein gesagt“). Dabei kann auch Alkoholeinfluss oder Übermüdung der Auslöser sein.
Quelle: http://www.wikipedia.de/

Jetzt da das geklärt ist, doch mal ein paar spezifischere Worte zum Buch. ;)
Herausheben möchte ich an dieser Stelle vor allem die Situation und, ja, den Konflikt in
der/dem sich die Protagonistin befindet. Das Buch beginnt mit einer erwachenden Alex, die feststellen muss, dass sie nackt in einem fremden Bett liegt. Neben ihr ein Typ, den sie in den ersten Minuten nicht einmal zuordnen kann. Sie weiß, es war Alkohol im Spiel, aber an Sex denkt sie erst als sie die beiden offenen Kondompackungen sieht.
Einerseits habe ich mich auf den ersten 100 Seiten wirklich schwer getan mit Alexs Charakter, andererseits war ihr Zweifeln und Hadern - Habe ich wirklich mit ihm geschlafen? Wollte ich das? Habe ich ja gesagt? - und vor allem ihre Verzweiflung, das langsame Realisieren, dass da etwas nicht gelaufen ist, wie es sollte, so nachvollziehbar beschrieben, dass ich gar nicht anders konnte als von Anfang an an den Seiten zu kleben.

Angetan haben es mir aber mehr die Nebencharaktere. Maia und T.S., achja, und Martin natürlich!
Diese Charaktere sind es auch, die das Thema "Mockingbirds" ins Spiel bringen. Am Anfang mutet diese Gruppierung wie eine Art Geheimbund an, aber die Autorin gibt sich genug Mühe diesen Eindruck unter den Tisch zu kehren. Kein Geheimbund, dafür eine Hilforganisation von Schülern für Schüler. An und für sich mochte ich dieses Konzept sehr, bloß die Begründung dafür (also: Warum braucht es die Mockingbirds) war etwas an den Haaren herbeigezogen *räusper*: Die Schulleitung ist so dermaßen davon überzeugt, dass die Schüler der Themis Academy keine Fehler haben, dass jede Beschwerde und jedes Problem heruntergespielt wird - das geht sogar so weit, dass öfter die Lehrer als die Schüler bestraft haben ... Richtig gelesen.

Abgesehen davon hab ich aber gar nicht viel zu maulen. "The Mockingbirds" ist spannend und beleuchtet ein Problem, das viel zu selten angesprochen wird. An Alex kann der Leser wunderbar beobachten, wie viel Kraft es kostet, für sich selbst das Wort zu ergreifen und Recht einzufordern - aber auch, dass es sich schlussendlich lohnt. Nicht nur für einen selbst sondern für all die anderen "stillen" Opfer denen niemand zuhört.
Zudem vermittelt Alex' Geschichte, dass niemand alleine ist. Sie braucht eine ganze Zeit lang bis sie akzeptiert hat, was passiert ist. Aber nach und nach realisiert sie, dass sie deswegen keine Ausgestoßene sein muss. Ihre Freunde unterstützen sie auf jede erdenkliche Weise und das zu lesen und mitzuerleben war großartig. Besonders als sich Alex für Liebe öffnet hat mich das sehr gefreut.
Damit noch nicht genug zeigt "The Mockingbirds" wie Beziehungen (auch solche in Büchern) sein sollten/könnten bzw. wie sie nicht sein sollten. Dass es um Vertrauen geht und nicht bloß um eine zufällige Blickverschränkung nach der man unsterblich verliebt ist. Das Buch ist hier viel realistischer als der stumpfe Großteil der YA-Fantasy und YA-Contemporary die tagtäglich erscheint. Dafür ein großes "Bravo!" an Frau Whitney. Und ein Dankeschön.

(Was ich allerdings nicht verstehe ist, warum es eine Fortsetzung braucht ...-> "The Rivals")


6 Kommentare:

Crini hat gesagt…

Das Buch hab ich auch schon viel zu lange auf der Wunschliste. Und scheint ja echt gut zu sein. Hört sich danach an, als wäre es genau was für mich. (Wobei ich mich immer noch aufregen könnte, dass sie hier auch das Cover geändert haben. Fand das erste irgendwie besser^^)

StefanieEmmy hat gesagt…

Das erste kannte ich vorher gar nicht, aber es gefällt mir auch besser. Schön schlicht. Beim jetzigen mag ich die grafische Gestaltung - Schrift und Mockingbird dazu, aber die Gesichter hätten sie gern weglassen können ^^

Hannah hat gesagt…

Klingt nach einem Buch für mich ;) Landet auf meiner Wunschliste. Danke für die Rezension!

Friedelchen hat gesagt…

Klingt nach gut gelungener YA Lektüre. Wobei sich die Begründung, weshalb es die Hilfsorganisation gibt, auch für mich sehr an den Haaren herbeigezogen anhört :-)
Allerdings hab ich gerade nicht so richtig Lust auf so eine Thematik, ich hatte erst "Ich gegen dich" gelesen, da reicht es mir erstmal mit Vergewaltigung. Aber ich werde das Buch definitiv im Auge behalten.

StefanieEmmy hat gesagt…

@Hannah: Hoffe, es gefällt dir auch so gut wie mit :)

@Friedelchen: Ich hab den Grund dann einfach ignoriert, dann musste ich mich nicht zu sehr drüber aufregen ;)
Das könnte ich auch nicht, mehrere Bücher der Sorte hintereinander lesen.

Karo hat gesagt…

Schöne Rezi, Steffi. Macht mich äußerst neugierig auf das Buch. Es ist doch aber auch immer mal wieder schön, wenn man selbst ein Buch in der Buchhandlung entdeckt. So schön das Internet und die Buchcommunity auch ist, aber irgendwie gehe ich selten nur noch unbelastet in eine Buchhandlung um selbst ein bisschen zu stöbern. Meist sehe ich dann wirklich nur die Bücher, die ich kenne und liebe, oder die, die ich auf der Wunschliste habe. Deswegen hab ich mich letztens auch sehr gefreut, dass ich mal wieder mir zwei völlig unbekannte Bücher bei Dussmann mitgenommen habe, ohne irgendwelche Empfehlungen oder so. Auf diese bin ich auch sehr gespannt. :) Und dieses hier landet auf meiner Wunschliste. :)