10. August 2010

Samuel Beckett - Warten auf Godot

Taschenbuch, Seiten 245
ISBN 978-3518365014
€ (D) 8,00 | € (A) 8,30

Klappentext
Estragon: Wir finden doch immer was, um uns einzureden, dass wir existieren, nicht wahr, Didi?
Wladimir ungeduldig: Ja, ja, wir sind Zauberer.

Estragon: On trouve toujours quelque chose, hein, Didi, pour nous donner l’impression d’exister?
Valdimir impatiemment: Mais oui, mais ou, on est des magiciens.

Estragon: We always find something, eh, Didi, to give us the impression we exist?
Vladimir impatiently: Yes, yes, we’re magicians.


Meinung und Interpretation
Ich bin kein Fan von Dramen, war ich in der Schule nicht und bin ich jetzt auch noch nicht. „Warten auf Godot“ hab ich vor über 4 Monaten das erste Mal zur Hand genommen, 100 Seiten gelesen, und es dann wieder bleiben lassen. In den letzten zwei Stunden habe ich es schließlich und endlich fertig gelesen.

Samuel Beckett hat sein Werk 1952 als Buch herausgebracht, 1953 erlebte das Stück in einem kleinen Pariser Theater seine Uraufführung. Nur wenige Monate später wurde „Warten auf Godot“ bereits in Berlin gespielt – ein durchschlagender Erfolg also. Teilweise kann ich diesen Erfolg auch nachvollziehen.

„Warten auf Godot“ handelt von Wladimir „Didi“ und Estragon „Gogo“, die bei einer Trauerweide – wie der Titel schon sagt – auf Godot warten. Dabei wissen sie noch nicht mal, wer dieser Godot eigentlich ist. Sie haben ihn noch nie gesehen, ihnen wurde lediglich gesagt, dass Godot im Laufe des Abends auftauchen würde.
Im Grunde geht es eigentlich nur darum, dass Didi und Gogo sich irgendwie die Zeit vertreiben während sie auf Godot warten. Irgendwann, die beiden beginnen sich schon zu langweilen, tauchen Pozzo und sein Diener Lucky auf, die weitere Diskussionsthemen beisteuern.
Am Ende des ersten Akts – insgesamt sind es 2 Akte – kommt schließlich ein Junge auf die Bühne, der Gogo und Didi mitteilt, dass Godot heute nicht mehr kommen kann, morgen aber ganz bestimmt auftauchen wird!
Der zweite Akt beginnt ähnlich wie der erste, Gogo und Didi warten wieder, Pozzo taucht wieder auf – und der Junge beendet ihre Warterei wieder mit der selben Botschaft von Godot.

Die Frage, was für einen Sinn das ganze hat, ist hier berechtigt. Ich frage mich das auch.
Nun, ein Thema des Stücks ist offensichtlich das Warten und die Zeit.

Pozzo: „Hören Sie endlich auf, mich mit Ihrer verdammten Zeit verrückt zu machen? Es ist unerhört! Wann! Wann! Eines Tages, genügt Ihnen das nicht? Irgendeines Tages ist er stumm geworden, eines Tages bin ich blind geworden, eines Tages werden wir taub, eines Tages wurden wir geboren, eines Tages sterben wir, am selben Tag, im selben Augenblick, genügt Ihnen das nicht? Sie gebären rittlings über dem Grabe, der Tag erglänzt einen Augenblick und dann von neuem die Nacht.“
S. 221

Am Ende wirkt es sogar so, als wären Gogo und Didi in einer Zeitschleife gefangen. Jeden Tag warten sie beim selben Baum, jeden Tag kommt Pozzo vorbei, jeden Tag der Junge, der ihr Warten für den Tag beendet. Diese Wiederholungen prägen das Stück ganz gewaltig. Gogo und Didi richten ihr Leben völlig nach Godot aus, den sie noch nie zu Gesicht bekommen haben.
Sie können gar nicht anders, als zu warten. Sie wollen zwar aufhören, sich einfach abwenden und gehen, doch das schaffen sie nicht, weil immer noch die – wenn auch kleine – Chance und Möglichkeit besteht, dass Godot irgendwann auftaucht. Gogo und Didi sind abhängig von Godot.

Dann stellt sich jedoch die Frage: WER oder WAS ist Godot?
Beckett liefert in seinem Stück keine Erklärung und wenn man ganz ehrlich ist: Godot kann alles sein. Ich für meinen Teil glaube, dass Godot für jeden Menschen etwas völlig anderes darstellt.
Eine beliebte Interpretation ist ja, dass Godot niemand anderer als Gott ist – naheliegend weil die beiden „Namen“ sehr ähnlich klingen. Und irgendwie macht es ja Sinn: Auf Gott kann man warten solange man will, ob man ihm aber je von Angesicht zu Angesicht gegenüber stehen wird … Allein die Möglichkeit ist dem Glauben jedes Einzelnen überlassen.
Ehrlich gesagt gefällt mir diese Gott-Interpretation nicht. Da bleib ich lieber dabei, dass Godot für jeden etwas anderes darstellt.

Noch ein Wort zu der Ausgabe, die ich hier von „Warten auf Godot“ habe. Die ist nämlich dreisprachig und ich habe zuvor noch nicht mal etwas Zweisprachiges gelesen.
Ich muss aber sagen, mich hat das ein bisschen gestört, dass auf der gegenüberliegenden Seite immer das gleiche in Englisch und Französisch zu lesen stand. Mit Französisch kann ich sowieso nichts anfangen, aber das Englische hat mich doch etwas abgelenkt. Ich habe dauernd alles in Deutsch UND Englisch gelesen. Dabei ist mir aber aufgefallen, dass die Übersetzung alles andere als wortwörtlich ist. Besonders Ortsnamen, aber auch viele Redewendungen wurden an die jeweilige Sprache bzw. an die geographischen Kenntnisse des jeweiligen Publikums angepasst – find ich gut.