"Ich liebe meine Arbeit, und ich werde zu neuen Taten schreiten. Sie werden bald wieder von mir und meinen lustigen kleinen Spielchen hören ...
Meine Klinge ist schön scharf. Ich werde sofort ans Werk gehen, wenn sich mir die Möglichkeit bietet. Alles Gute.
Ihr sehr ergebener
Jack the Ripper"
Der gefährlichste Serienkiller Englands macht sich auf den Weg in die Neue Welt - Richard Laymons wohl außergewöhnlichstes Buch.
Inhalt
Es ist ein unglücklicher Zufall, der den 15-jährigen Trevor Wellington Bentley in einer regnerischen Novembernacht des Jahres 1888 aus seinem Zuhause auf die Straßen des nächtlichen London treibt. Auf der Suche nach seinem Onkel gerät er in das düstere Whitechapel, in dem der legendäre Frauenmörder Jack the Ripper sein Unwesen treibt. Auf Grund einer Reihe von Geschnehnissen wird Trevor plötzlich selbst für den Ripper gehalten und kann dem Mopp nur knapp entkommen - flieht dabei aber direkt in das Zimmer der Hure Mary, die noch in der selben Nacht von Jack the Ripper ermordet werden sollte.
Trevor erlebt diesen Mord, unter Marys Bett liegend, mit und ist von der Grausamkeit des Mörders schockiert. Als der Ripper seiner Wege geht, setzt ihm Trevor nach. Mit der Absicht, einen weiteren Mord in dieser Nacht zu vermeiden, versucht der Junge den Ripper zu überwältigen, befindet sich aber gleich darauf auf der Flucht vor eben jenem.
Die Ereignisse überschlagen sich. Als der Morgen graut befindet sich Trevor auf einer kleinen Jacht, zusammen mit der jugen Trudy, deren Mann - und Jack the Ripper. Das Ziel der Reise ist Amerika ... Der Ripper wittert ein neues Jagdgebiet und Trevor weiß, dass es seine Aufgabe sein wird, dem Mörder das Handwerk zu legen.
Meinung
"Der Ripper" fällt in die Kategorie Horrorroman. Wer meinen Blog schon länger verfolgt, weiß, dass ich das sonst gar nicht lese, weshalb ich mir auch mit Absicht einen Horrorroman ausgesucht habe, der in diversen Rezensionen als "nicht ganz so schlimm" und "besonders für Leser Historischer Romane geeignet" beschrieben wird.
Ganz klar, diesen Einschätzungen kann ich nach der Lektüre des Romans nur zustimmen.
Die Handlung beginnt zwar etwas blutig mit dem Mord an Mary, den Trevor unter dem Bett liegend mitverfolgen muss, aber da er keinen direkten Blick auf das Geschehen hat und auch dem Leser gegenüber als Ich-Erzähler nur seine Vermutungen wiedergibt, ist das ganze wirklich nicht schlimm. Zumindest habe ich schon Ekligeres gelesen (ich denke da zum Beispiel an "Gargoyle", wo in sehr bildlicher Sprache ein Debridement beschrieben wird).
Anschließend folgt die Beschreibung der Schiffspassage über den Atlantik, die mit einigen Folterbeschreibungen gespickt ist.
Nach der Ankunft in Amerika wird aus dem Horrorroman aber ganz klar ein Abenteuerroman. Trevor begibt sich auf die Reise in den Wilden Westen, begegnet einer Räuberbande, Cowboys, einer entlaufenen Schönheit, die stets ein unterarmlanges Messer bei sich hat, und den verschiedensten anderen Gestalten, während er selbst zum Revolverhelden wird. Besonders dieser Teil des Buches hat mir sehr viel Spaß gemacht.
Die Handlung ist also sehr umfangreich, wobei Trevor aber nie sein eigentliches Ziel, Jack the Ripper vom Morden abzuhalten, aus den Augen verliert. Er folgt der Spur des Rippers, ein finales Zusammentreffen ist vorprogrammiert, der Weg dorthin aber äußerst spannend und plastisch beschrieben.
Dadurch, dass Trevor aus der Ich-Perspektive erzählt, bleiben dem Leser viele Stellen, die hätten langweilig sein können, von vornherein erspart. Diese umgeht Trevor regelmäßig in seiner als Bericht gestalteten Erzählung.
Mit Trevor selbst kam ich von Anfang an gut zu Recht. Er macht als Charakter einige schlimme Sachen mit, die ihn auch entsprechend formen. Manchmal hatte ich zwar das Gefühl, das alles passe so überhaut nicht zu einem 15-Jährigen - meiner Meinung nach, hätte Richard Laymon seinen Protagonisten ruhig ein paar Jährchen älter machen können - aber sonderlich gestört hat mich das eigentlich auch nicht.
Zusammenfassen ist "Der Ripper" ein wirklich gut geschriebenes Buch, das durch seine längenlose Handlung auftrumpft. Die Theorie, dass Jack the Ripper London verlassen musste und stattdessen in Amerika weiter seinem Treiben nachgegangen ist, finde ich äußerst interessant. Ob daran irgendetwas Historisches ist, weiß ich allerdings nicht.
Zu der Bezeichnung "Horrorroman" noch ein Wort: "Der Ripper" ist sicher kein Horrorroman der schlimmsten Sorte. Wer in das Genre einsteigen will, ist daher mit diesem Buch sicher gut bedient.
Bewertung
Volle 4 Blümchen!
Herzlichen Dank an den Heyne-Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars!